Sachverständigengruppe
Gutachten
über die tierschutzgerechte
Haltung von Vögeln
Mindestanforderungen an die
Haltung von Straußenvögel, außer Kiwis
vom 10. Juni 1994
(in der ergänzten Fassung vom 10.
September 1996)
Allgemeines
Straußenvögel
(Flachbrustvögel nach der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung i. d. F. der
Bekanntmachung vom 8. Februar 1994, BGBl. I S. 199), außer Kiwis , sind in
Afrika, Australien, Südamerika, und Papua/Neuguinea vorkommende flugunfähige
Laufvögel, deren Haltungsansprüche sich vielfach gleichen.
Sie können ausdauernd laufen
und bei Gefahr eine hohe Geschwindigkeit entwickeln. In für sie ungewohnten
Situationen oder gegenüber Unbekanntem geraten sie schnell in Panik. Obwohl sie
in der Regel bei Gefahr flüchten, wehren sie sich in ausweglosen Situationen mit
ihren kräftigen Beinen durch Fußtritte. Selbst von Hand aufgezogene Strauße
können als erwachsene Tiere zu Flucht-, Panik- und Abwehrreaktionen gegenüber
dem Menschen und allem Unbekannten neigen.
Strauße leben im Bereich der
Savannen und auf offenem Grasland, Kasuare im Regenwald. Für ihre Existenz -
Futtergrundlage und Jungenaufzucht - beanspruchen sie große Territorien, die
verteidigt werden. Afrikanische Strauße leben während der Paarungszeit in der
Regel in Gruppen von drei bis vier Tieren je 2 bis 15 km2.
Seit etwa 1830 werden
Afrikanische Strauße in Farmen gehalten. Hinsichtlich Haltung, Transport und
ggf. Tötung ist zu beachten, daß auch gezüchtete Strauße Wildvögel sind.
Die in diesem Gutachten
enthaltenen Mindestanforderungen sollen Grundlage für die Haltung von Straußen
sein, unabhängig davon, aus welchen Gründen sie gehalten werden .
I. Afrikanische
Strauße
1.
Unterbringung der Strauße
1.1.
Grundsätzliches
Männliche
Strauße erreichen eine Größe von über 2,00 m, weibliche von etwa 2,00 m.
Männliche Strauße wiegen zwischen 100 und 150 kg, weibliche Strauße zwischen 90
und 110 kg. Erwachsene
männliche Strauße können während der Fortpflanzungsperiode so aggressiv werden,
dass der Umgang mit ihnen gefährlich ist. Strauße
sind in Gehegen und in Gruppen zu halten.
Eine
ständige oder überwiegende Stallhaltung oder eine Einzelhaltung ist für Strauße
als in Gruppen lebende Laufvögel tierschutzwidrig (§ 2 Tierschutzgesetz). Die
Anforderungen an den Auslauf bei der Aufzucht von Straußen sind unter Punkt 5
beschrieben.
Werden
Strauße wegen schädlicher Witterungsbedingungen vorübergehend im Stall
gehalten, ist jede Möglichkeit zu nutzen, ihnen, sobald das Wetter es zulässt,
Auslauf zu gewähren.
1.2.
Gehege
Gehege
sind so einzurichten, dass sie die artgemäße Bewegung der Strauße nicht
einschränken. Das Gehege muss die Möglichkeit für einen schnellen Lauf bieten,
darf aber nicht zu schmal sein; die schmale Seite darf 12 m oder, wenn mehr als
ein ausgewachsener männlicher Strauß (ab ca. 18. Lebensmonat)1)
in der Gruppe gehalten wird, 40 m nicht unterschreiten. Werden mehrere
ausgewachsene männliche Strauße in der Gruppe gehalten, müssen
Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein.
Flächenbedarf,
Gruppengröße, Gruppenzusammensetzung
Gehege
müssen mindestens folgende, für Strauße frei verfügbare Flächen umfassen:
A)
Gehege mit naturbelassenem Boden (nicht entwässerbar)
a)
Gehege für Jungstrauße bis zum 3. Lebensmonat:
Je
Strauß 1 bis 10 m2, Mindestgehegegröße 100 m2
b)
Gehege für Jungstrauße ab 4. bis 6. Lebensmonat:
Je Strauß
10 bis 40 m2, Mindestgehegegröße 100 m2.
c)
Gehege für Strauße ab 7. bis 12. Lebensmonat:
Bis
drei Strauße 800 m2 (Mindestgehegegröße), je weiteren Strauß 100
m2 mehr.
Ein
gleichgroßes Gehege muss als Umtriebsmöglichkeit zur Verfügung stehen.
d)
Gehege für Strauße ab 13. Lebensmonat:
Bis
drei Strauße 1000 m2 (Mindestgehegegröße), je weiteren Strauß 200
m2 mehr.
Es
darf nur ein ausgewachsener männlicher Strauß in der Gruppe gehalten
werden. Ein weiteres Gehege gleicher Größe muss als Umtriebsmöglichkeit zur
Verfügung stehen.
e)
Gehege für Gruppen mit mehreren ausgewachsenen männlichen Straußen:
Bis
drei Strauße (Trio - nur ein ausgewachsener männlicher Strauß) 1000
m2 (Mindestgehegegröße), je
weiteren weiblichen Strauß 200 m2 mehr, je weiteren ausgewachsenen männlichen Strauß 800 m2 mehr.
Für
den zweiten und jeden weiteren ausgewachsenen männlichen Strauß muss ein Gehege
von mindestens 800 m2 zur Verfügung stehen, um bei beginnender
Unverträglichkeit die männlichen Strauße zu trennen. Sie sind mit mindestens
einem weiblichen Strauß zu halten.
B)Gehege
mit entwässerbarem festem Boden:
(z.
B. drainierter Boden, naturgewachsener Sandboden auf dem auch bei Dauerregen
keine Staustellen entstehen, aufgeschütteter Kies-Sandboden o. ä.)
Bis
drei Strauße ab 6. Lebensmonat 500 m2 (Mindestgehegegröße) für
jeden weiteren Strauß 100 m2 mehr.
Die
Gruppengröße darf fünf ausgewachsene Strauße nicht überschreiten. In
jeder Gruppe darf nur ein ausgewachsener männlicher Strauß gehalten
werden. Kot
ist täglich zu entfernen.
C)
Gehege für Strauße in Gemeinschaftshaltung:
Bei
Gemeinschaftshaltung von Straußen mit Tieren anderer Arten ist für die
Gehegegröße der größte Flächenbedarf je Tier, abhängig von den gehaltenen
Tierarten, zugrunde zu legen.
Sofern
das nicht der Flächenbedarf des Straußes ist, sind je Strauß 100 bzw. 200
m2, je nach Bodenbeschaffenheit entsprechend Buchstaben A oder B
hinzuzurechnen. Wird
mehr als ein ausgewachsener männlicher Strauß im Gehege gehalten, sind die
Anforderungen nach Buchstaben A e einzuhalten.Gehege
für die Trennung der Tierarten bei Unverträglichkeit müssen in entsprechender
Größe zur Verfügung stehen.
Die
Anforderungen der einzelnen Tierarten an die Bodenbeschaffenheit und
Gehegegestaltung müssen erfüllt und, sofern die Tiere nicht unter ständiger
Aufsicht2)
stehen, müssen Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein.
Für
Strauße sind in jedem Fall die unter A und B genannten Anforderungen an
Gruppengröße und Gruppenzusammensetzung einzuhalten.
Einfriedung
Strauße
können relativ hohe Einfriedungen überwinden. Die Höhe der Einfriedung muß
deshalb ab 9. Lebensmonat mindestens 1,80 m betragen. Ist das
Gelände, auf dem die Strauße gehalten werden, bereits mit einem Zaun von
mindestens 1,80 m versehen, kann, sofern Unfallgefahr für Strauße und Personen
nicht besteht, die Gehegeeinfriedung auch niedriger gewählt werden.
Sind
Straußengehege für fremde Personen leicht zugänglich und die Strauße an die
Anwesenheit fremder Personen oder mitgeführter Tiere nicht gewöhnt, wird eine
doppelte Einfriedung empfohlen, bei der die äußere Einfriedung 2,00 m nicht
unterschreiten sollte. Aneinandergrenzende
Gehege von Zuchtgruppen sollten durch einen Doppelzaun mit einem dazwischen
liegenden Korridor von 1,80 m getrennt sein. Sichtschutz ist zu empfehlen.
Die
Einfriedung muss aus geeignetem Material bestehen und so verarbeitet oder
angelegt sein, dass sie für die Strauße gut sichtbar ist und beim Anspringen
keine Verletzungen hervorgerufen werden können. Sie muss für Tiere aus- und
einbruchsicher und bei Kükenhaltung auch raubtiersicher sein. Für die
Einfriedung können z. B. Massivzäune, sehr enges Drahtgeflecht (Maschen kleiner
als Straußenköpfe) verwendet werden. Bewährt hat sich das Verlatten des oberen
Zaunteils. Das Anlegen von Wasser- und Trockengräben, die nicht überwunden
werden können, ist ebenfalls möglich, wenn die Strauße unter ständiger Aufsicht
stehen. Gehegeecken dürfen nicht spitzwinkelig angelegt sein. Rechtwinklige
Gehegeecken müssen gebrochen werden, wenn die Strauße nicht unter ständiger
Aufsicht stehen.
Elektrozäune
als alleinige Einfriedung sowie Stacheldraht dürfen nicht verwendet werden.
Bodenbeschaffenheit
und sonstige Gehegeeinrichtungen
Gehege
sind auf natürlichem Boden anzulegen. Es sind vorzugsweise Flächen zu verwenden,
auf denen auch bei häufigem Niederschlag keine stauende Nässe entsteht.
Anderenfalls ist durch rechtzeitigen Umtrieb oder Trockenlegung der Flächen
sicherzustellen, dass Strauße nicht auf schlammigem Boden gehalten werden. Ein
Sandbad muss den Straußen ständig zur Verfügung stehen. Sandbad und Nistplatz
sind trocken und hygienisch einwandfrei zu halten und ggf. zu überdachen.
In den
Gehegen ist für Witterungsschutz und gegebenenfalls, z. B. bei Federgewinnung,
für Sonnenschutz zu sorgen, den alle Tiere gleichzeitig aufsuchen können. Es müssen
ausreichend Futterplätze und Tränken zur Verfügung stehen, die so bemessen
sind, dass alle Tiere gleichzeitig fressen können. Die Umgebung von Futterplatz
und Tränke ist in hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten.
1.3.
Stall
Für jede
Straußenhaltung muss ein Stall zur Verfügung stehen, in dem alle Strauße
gleichzeitig untergebracht werden können. Zuchtgruppen sollen im Stall möglichst
nicht getrennt werden.
Es sind
Vorkehrungen zu treffen, damit unverträgliche oder kranke Strauße sowie fremde
Strauße zum Eingewöhnen im Bedarfsfall unverzüglich einzeln gehalten werden
können. Einzeln gehaltene Strauße müssen Sichtkontakt zu anderen Straußen
haben. Die Stallabteile müssen die den einzelnen Altersstufen zugeordneten
Mindestflächen aufweisen. Ein
Abteil ist so auszurüsten, dass ein Strauß, z. B. für eine Untersuchung, schonend
ruhiggestellt werden kann, z. B. durch verschiebbare Gitter.
Stallfläche
je Strauß:
Erste
Lebenswoche: 0,25 m2, Mindeststallfläche 1 m2
ab
2. Lebenswoche bis 3. Lebensmonat: 1 bis 3 m2, Mindeststallfläche 5
m2,
ab
4. bis 6. Lebensmonat: 3 bis 4 m2, Mindeststallfläche 10
m2,
ab
7. bis 12. Lebensmonat: 4 bis 6 m2, Mindeststallfläche 16
m2
ab
13. Lebensmonat: 8 m2, Mindeststallfläche 16 m2.
Die
Abgrenzungen müssen für Strauße ab 9. Lebensmonat 1,80 m hoch und für die
Strauße gut sichtbar sein. Die Kopffreiheit des aufgerichteten Straußes muss mindestens 30 cm betragen. Bei Jungstraußen oder Straußenküken bis zu einer
Größe von 1,50 m darf die Stallhöhe 1,80 m nicht unterschritten werden.
Die
Stallabteile sind mit schmalen Futterkrippen und Tränkeinrichtungen auszurüsten.
Die Futterkrippen sollen so ausgelegt sein, dass alle Tiere gleichzeitig fressen
können. Der Boden muss trocken, rutschfest und trittsicher sein.
Für die
langfristige Gesunderhaltung der Strauße ist ein trockenes Gefieder im Stall unerlässlich. Die Luftfeuchte soll im geschlossenen Stall 60 % nicht wesentlich
übersteigen. Außerhalb der Auslaufzeit soll in der Regel eine Stalltemperatur
von 10°C eingehalten werden.
Ein
Absinken der Stalltemperatur auf 5°C kann für Strauße mit trockenem Gefieder,
insbesondere auch in Vorbereitung des Auslaufs bei niedrigeren Temperaturen,
toleriert werden.
Alternativ
kann Straußen mit trockenem Gefieder im Stall ein Temperaturgefälle angeboten
werden, das von 10°C bis frostfrei reicht. Alle Strauße müssen sich
gleichzeitig in der Temperaturzone von 10°C aufhalten können.
Für
schnelles Trocknen durchnässter Strauße muss eine technische Einrichtung
vorhanden sein, durch die sofort eine Umgebungstemperatur von mindestens 15°C
erreicht wird oder die innerhalb einer Stunde die Raumtemperatur auf 15°C
aufheizt.
Der Stall
muss ausreichend belüftet sein, Zugluft darf jedoch nicht entstehen.
Bei
erforderlicher Stallhaltung ist für ausreichenden Tageslichteinfall und, sofern
erforderlich, für zusätzliche Anwendung von Kunstlicht entsprechend dem
Tageslicht zu sorgen. Die tägliche Beleuchtung soll mindestens 10 Stunden
betragen. Der Tag-Nacht-Rhythmus ist einzuhalten. Fensterlose Ställe sind
abzulehnen.
1.4.
Quarantäne
Eine
klassische Quarantänehaltung von ca. 30 Tagen im Stall stellt für Strauße eine
hohe Belastung dar. Ist ein Import von Straußen aus Staaten erforderlich, für
die eine Quarantäne vorgeschrieben ist, sollen möglichst nur Bruteier
eingeführt werden, ggf. auch Jungstrauße, sofern in einem entsprechend großen
Gebäude Auslauf nach Punkt I Abschnitt A Buchstaben a bzw. b gesichert werden
kann. Ist der Import von älteren Straußen aus Staaten mit Quarantänevorschrift
unerlässlich, müssen die erforderlichen Maßnahmen bei der Unterbringung vorher
mit der zuständigen Behörde geklärt werden.
2.
Maßnahmen bei Kälte und Nässe
Strauße
sind an Temperaturschwankungen in großen Bereichen adaptiert. Nasskaltes Wetter
und extrem niedrige Temperaturen sind für Strauße jedoch nicht zuträglich. Grundsätzlich
ist aber jede Möglichkeit zu nutzen, den Straußen Auslauf zu gewähren, ggf.
stundenweise.
Die
Strauße sind bei Glatteis, sehr starkem Frost oder ggf. Dauerregen, insbesondere
verbunden mit niedrigen Temperaturen, im Stall zu halten.
Sie
dürfen höchsten drei Tage hintereinander und höchstens 10 Tage innerhalb eines
Monates im Stall, ohne Auslaufmöglichkeit in einem Gehege nach Punkt 1.2,
gehalten werden. Für diese Zeit muss den Straußen zusätzlich zum Stall eine
jederzeit nutzbare Bewegungsfläche als Laufhof oder Vorgehege in dreifacher
Stallgröße zur Verfügung stehen.
In
Regionen, in denen erfahrungsgemäß durch Witterungsbedingungen der o. g.
tolerierbare Zeitraum einer Stallhaltung ohne Auslaufmöglichkeit in einem
Gehege nach Punkt 1.2. überschritten wird, sollen keine Strauße gehalten
werden. Anderenfalls muss für die Strauße ein ständig nutzbares Trockengehege
von mindestens 500 m2 zur Verfügung stehen und nachgewiesen werden.
Die Besatzdichte, Gruppengröße sowie das Geschlechterverhältnis für das
Trockengehege soll sinngemäß den Anforderungen des Punktes 1.2 Buchstabe B
„Gehege mit entwässerbarem festen Boden“ entsprechen. Der tägliche Auslauf im
Trockengehege soll mindestens vier Stunden betragen.
Das
Trockengehege soll sicherstellen, dass die Strauße zu jeder Jahreszeit, auch bei
länger anhaltendenden ungünstigen Witterungsbedingungen, auf rutschfestem und
trittsicherem Boden ausreichend Auslaufmöglichkeiten erhalten; es muss so
angelegt sein, dass weder Morast entsteht, noch wegen Schnee- oder Eisglätte eine
Nutzung ausgeschlossen ist.
Erfahrungen
zeigen, dass das Trockengehege zu jeder Jahreszeit zur Verfügung stehen muss,
damit im Bedarfsfall, z. B. sehr niederschlagreiche Frühjahrs- oder
Sommermonate, jederzeit ein Auslauf auf erforderlicher Bodenqualität möglich
ist. Eine saisonal andere Nutzung ist deshalb abzulehnen.
Bei der
Entscheidung, wie ein Trockengehege anzulegen ist, müssen die örtlichen Boden-
und langjährigen Witterungsverhältnisse zu Grunde gelegt werden. Die Gestaltung
von Trockengehegen kann sich je nach vorhandener Bodenart und Lage lokal, z. B.
innerhalb einer Gemeinde, gravierend unterscheiden.
Ein
überdachtes Trockengehege ist notwendig, wenn andere Maßnahmen, wie z. B.
Drainagen oder das Aufbringen von wasserableitenden oder rutschfesten
Bodenschichten, wie Sand-Stroh-Gemische, die erforderliche Bodenqualität nicht
gewährleisten. In bestimmten Lagen kann es erforderlich sein, einen Windschutz
anzubringen.
3.
Fütterung
Strauße
sind bedarfsgerecht zu füttern. Auf eine ausgewogene Mineralstoffversorgung,
die ausreichend Kalzium, Phosphorverbindungen und Rohfaseranteil enthält, sowie
Vitamin- und Spurenelementversorgung ist zu achten.
Mischfuttermittel
für Geflügel sind in der Regel zu energiereich, ggf. auch mit für Strauße
ungeeigneten Futtermittelzusätzen versehen und daher für Strauße meist nicht
geeignet. Straußenküken
und Jungstrauße sind so zu füttern, dass eine dem Skelettwachstum angepasste Gewichtsentwicklung gesichert wird.
Zu
intensive Aufzuchtsfütterung kann zu unheilbaren Beinschäden und anderen
Erkrankungen führen. Bei der Herstellung von Kükenfutter ist deshalb zu
berücksichtigen, dass Straußenküken ständig Futter angeboten werden soll und das
Futter nicht zu energiereich ist.
Es wird
empfohlen, nur ein speziell für die verschiedenen Altersstufen oder für die
Zuchtverwendung der Strauße zubereitetes Futter zu füttern. In
Gehegen mit entwässerbarem festen Boden sollte das Raufutter ausgestreut
werden. Im Stall
und im Gehege muss Straußen ständig Wasser zur Verfügung stehen. Nippeltränken
sind nicht geeignet.
4.
Gesundheitsvorsorge
Strauße
sind täglich einmal auf Krankheitsanzeichen oder Verletzungen zu
kontrollieren. Bei
Krankheitsanzeichen oder Verletzungen ist, soweit erforderlich, ein Tierarzt
hinzuzuziehen. Über
Herkunft und Verbleib der Strauße, Daten zu Impfungen, Untersuchungen und
Behandlungen sind Aufzeichnungen zu führen.
Medizinische
Behandlungen sind schonend durchzuführen. Als Hilfsmittel eignen sich
Fangeinrichtungen, Behandlungsbox und Fangkappen. Zur
Vermeidung von häufig beschriebenen Schäden ist u. a. auf folgendes zu
achten:
-
Strauße nehmen alle Gegenstände auf, die sie schlucken können. Besonders bei
Jungstraußen kommt es zu Verstopfungen durch übermäßige Aufnahme von Sand. Aber
auch erwachsene Strauße nehmen häufig Fremdkörper auf, die zu schweren
Erkrankungen bis zu Todesfällen führen können. Gehege und Ställe sind deshalb
vor der Belegung gründlich auf Fremdkörper abzusuchen. Besucher sollen auf die
Gefahren für Strauße durch Fremdkörper hingewiesen werden.
-
Durch Fütterungsfehler oder Bewegungsmangel können insbesondere Beinschäden
entstehen, die zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Vorbeugend ist
deshalb für ausreichende Bewegung und ausgewogene Fütterung der Strauße zu
sorgen.
-
Kot, Harn und Futterreste sind bei planbefestigtem Boden ohne Einstreu (z. B.
Gummimatten) täglich zu entfernen. Für
hygienisch einwandfreie Bodenverhältnisse ist Sorge zu tragen.
5.
Aufzucht
Die
natürliche Aufzucht gelingt unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas nur
selten, obwohl ihr der Vorzug zu geben wäre. Die
künstliche Aufzucht von Straußen ist möglich, bedarf aber intensiver Pflege und
Betreuung und ist im Hinblick auf die Anforderungen einer artgemäßen Haltung von
Straußenküken mit hohem Aufwand verbunden. Grundsätzlich sind Straußenküken in
Gruppen zu halten.
Straußenküken
dürfen in den ersten fünf Tagen nach dem Schlüpfen im Stall gehalten werden.
Danach sind sie täglich zur Verhütung von Wachstumsstörungen ausreichend
auszuführen bzw. zur Bewegung anzuregen. Bei ungeeigneten Witterungsbedingungen
ist für Küken bis drei Monate Lebensalter für einen täglichen adäquaten Auslauf
in Gebäuden zu sorgen.
Brut oder
Kükenaufzucht sollen in Jahreszeiten, die aufgrund der Witterungsbedingungen
nur einen stark eingeschränkten Auslauf im Freien zulassen, vermieden werden.
Ein Auslauf in Gebäuden kann einen Auslauf im Freien nicht ersetzen.
Für Küken
sind folgende Stalltemperaturen erforderlich:
- Erster
Lebenstag: 28°C in der Aufzuchtskiste, Umgebung 23°C,
-
2. Lebenstag bis 4. Lebenswoche: 28°C unter Jungtieraufzuchtslampen, unter denen
alle Küken gleichzeitig Platz haben müssen, Umgebung 16°C.
-
ab 2. Lebensmonat bis 3. Lebensmonat: 22°C unter Jungtieraufzuchtslampen, unter
denen alle Küken gleichzeitig Platz haben müssen, Umgebung 12°C.
In der Aufzuchtsphase
ist Kot täglich zu entfernen. Unterlagen, die Haltungsschäden oder
Beindeformationen hervorrufen, wie glatte Böden oder Drahtböden, sind
tierschutzwidrig. Bis zum vierten Lebensmonat dürfen Stroh, Heu und Sand nicht
als Einstreu verwendet werden.
Futter
soll Straußenküken ständig angeboten werden. Die Futteraufnahme muss mindestens
viermal täglich kontrolliert und in den ersten Lebenswochen ggf. durch den
Menschen oder durch ältere Jungstrauße oder Hühner stimuliert werden.
6.
Umgang mit Straußen
Ausgewachsene
Strauße sind, insbesondere auch dann, wenn sie als Küken an den Menschen
gewöhnt wurden, zu den für Menschen gefährlichen Tierarten zu rechnen. In der
Balz, aber auch während der Eiablage und beim Brüten, kann das Revier heftig
verteidigt werden.
Mit
Straußen ist so umzugehen, dass ihnen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden
zugefügt werden. Deshalb sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, so dass Menschen durch ausgewachsene Strauße nicht gefährdet werden und drastische
Abwehrmaßnahmen nicht erforderlich sind. So sollen z. B. ausgewachsene Strauße
bei Arbeiten im Gehege oder im Stall möglichst abgesperrt werden.
7.
Transport von Straußen
Jeder
Transport ist mit einer Belastung verbunden. Strauße sollen nur transportiert
werden, wenn dies unerlässlich ist. Ein Sedieren mit geeigneten Medikamenten kann
im Bedarfsfall durchgeführt werden.
Beim
Transport von Straußen ist folgendes zu beachten:
Jeder
Strauß ab 6. Lebensmonat ist einzeln in einer Transportkiste oder einem
Pferdetransporter zu transportieren. Die Kiste bzw. das Abteil des
Pferdetransporters muss einen seitlichen Freiraum von 0,10 m haben, die Länge muss
der eineinhalbfachen Körperlänge des Straußes entsprechen.
Jungstrauße
gleichen Alters können bis zum 6. Lebensmonat in kleinen Gruppen transportiert
werden. Die Gruppengröße sollte nicht mehr als 10 Jungstrauße betragen. Die
Transportkiste bzw. das Abteil des Transporters muss so hoch sein, dass Strauße in
natürlicher Haltung aufrecht darin stehen können und eine Kopffreiheit von
0,10 m gewährleistet ist.
Werden
Strauße in Transportkisten transportiert, ist über dem Kopf eine gepolsterte
Decke anzubringen. Die
Temperaturansprüche der Strauße sind zu beachten; Kükentransporter müssen
beheizbar sein.
Zur
Vermeidung einer Überhitzung ist für ausreichende Belüftung zu sorgen. Kisten
sind mit genügend Öffnungen zu versehen, durch die die Strauße ihre Köpfe
jedoch nicht hindurchstecken können. Auch beim Transport in geschlossenen
Transportern mit Belüftungseinrichtungen muss kontrolliert werden, ob eine
ausreichende Luftzufuhr gewährleistet ist. Die
Bodenbeschaffenheit muss sicheren Stand gewährleisten.
Im
übrigen gilt die Verordnung zum Schutz von Tieren bei der Beförderung in
Behältnissen vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2413).
8.
Eingriffe
Eingriffe
an Straußen sind nach § 6 des Tierschutzgesetzes nur erlaubt, wenn sie im
Einzelfall aus veterinärmedizinischen Gründen geboten sind.
Eine
Entfernung von Federn ist nur bei Beachtung folgender Bedingungen möglich:
-
Lebenden Straußen dürfen keine Federn herausgezogen werden.
-
Ausgereifte Schwanz- oder Flügelfedern dürfen ca. 2,5 cm über der Haut
abgeschnitten werden, sofern so viele Federn verbleiben, dass das artgemäße
Verhalten nicht beeinträchtigt wird.
9.
Tötung von Straußen
Strauße
darf nur töten, wer die hierfür erforderliche Sachkunde erworben hat. Die Tötung
darf nur nach Betäubung oder sonst schmerzlos erfolgen. Als
tierschutzgerechte Tötung kann die Einschläferung angewendet werden. Die
Beurteilung möglicher Schlachtmethoden für Strauße ist nicht Gegenstand dieser
Mindestanforderungen.
II.
Nandus und Emus
Nandus
können eine Größe von 1,30 bis 1,50 m erreichen und 20 bis 40 kg wiegen, Emus
können eine Größe von 1,50 bis 1,90 m erreichen und 30 bis 55 kg wiegen.
Nandus
und Emus stellen an die Haltung vielfach die gleichen Ansprüche wie afrikanische
Strauße. Die Anforderungen unter I 1. bis 9. sind, sofern nichts anders
vermerkt, einzuhalten.
Für die
Haltung von Nandus und Emus sind folgende Abweichungen zu beachten:
Zu 1.
Unterbringung der Nandus und Emus
Zu
1.1. Grundsätzliches
Nandus
sind in Gruppen, ausgewachsene Emus paarweise in Gehegen zu halten. Lediglich
bei für sie abträglichen Witterungsbedingungen ist die Stallhaltung notwendig.
Aggressive Tiere müssen in Einzelabteilen untergebracht werden.
Zu
1.2. Gehege
Gehege
müssen über folgende Fläche verfügen:
a)
Nandu: 200 m2 je Paar, je weiteres Tier 50 m2,
Gruppengröße
ein bis mehrere männliche Tiere und ein bis mehrere weibliche Tiere; die
männlichen Tiere sind außerhalb der Brutzeit untereinander verträglich.
b) Emu:
200 m2 je Paar.
Einfriedung
Die Höhe
der Einfriedung soll 1,20 m nicht unterschreiten. Bodenbeschaffenheit
und sonstige Gehegeeinrichtungen Für Emus
sollte ein Badebecken angelegt werden, das sie, außer in den Wintermonaten,
ständig aufsuchen können. Küken sollen wegen der Gefahr des Ertrinkens vom
Wasser ferngehalten werden.
Zu
1.3. Stall
Stallfläche
je Tier: 4 m2
Die Höhe
der Abgrenzungen muss 1,20 m, die lichte Höhe der Stalldecke mindestens 2,20 m
betragen.
Für
Nandus und Emus genügt ein Kaltstall, im Winter ist ein Strohlager
einzurichten.
Zu 2.
Maßnahmen bei Kälte und Nässe
Nandus
und Emus sind weniger kälteempfindlich als afrikanische Strauße; sie müssen bei
Dauerfrost unter - 10°C einen Stall aufsuchen können.
Zu 7.
Transport von Nandus und Emus
Der
Transport von Nandus und Emus darf nur unter folgenden Bedingungen durchgeführt
werden:
Jedes
erwachsene Tier ab 3. Lebensmonat ist einzeln in einer Transportkiste oder einem
Pferdetransporter zu transportieren. Nandus und Emus gleichen Alters können
bis 3 Monate Lebensalter in Gruppen transportiert werden.
III.
Kasuare
Kasuare
können eine Größe von 1,00 bis 1,70 m erreichen; männliche Tiere können 18 bis
34 kg, weibliche Tiere bis 54 kg wiegen.
Kasuare
stellen an die Haltung vielfach die gleichen Ansprüche wie afrikanische Strauße.
Die Anforderungen unter I 1. bis 9. sind, sofern nichts anderes vermerkt,
einzuhalten. Für die Haltung von Kasuaren sind folgende Abweichungen zu
beachten:
Zu 1.
Unterbringung der Kasuare
Zu
1.1. Grundsätzliches
Kasuare
sind außerhalb der Balzzeit Einzelgänger. Sie sind deshalb einzeln in Gehegen zu
halten. Kasuare sind gegen niedrige Temperaturen sehr empfindlich.
Zu
1.2. Gehege
Die
Gehege müssen über folgende Flächen verfügen:
200
m2 je Tier in Einzelhaltung. Für eine Fortpflanzung muss die
Verbindung zweier Gehege vorgesehen werden.
Eine
Vergesellschaftung mit Tieren anderer Arten ist nicht möglich.
Einfriedung
Kasuare
verfügen über eine außerordentliche Sprungkraft. Die Höhe der Einfriedung soll
mindestens 1,80 m betragen. Ist das Gelände auf dem die Kasuare gehalten werden
bereits mit einem Zaun von mindestens 1,80 m Höhe versehen, kann, sofern
Unfallgefahr für Kasuare und Personen nicht besteht, die Gehegeeinfriedung auch
niedriger gewählt werden.
Zu 1.2
Gehege
Bodenbeschaffenheit
und sonstige Gehegeeinrichtungen
Kasuargehege
sollten über ein Wasserbecken mit flachem Einstieg verfügen.
Versteckmöglichkeiten und ein schattiger Platz müssen vorhanden sein.
Zu
1.3. Stall
Stallfläche
je Tier: 8 m2
Die
Abgrenzungen müssen 1,80 m hoch sein, die lichte Höhe des Stalles muss mindestens
2,20 m betragen.
Die
Stalltemperatur darf 15°C nicht unterschreiten.
Zu 2.
Maßnahmen bei Kälte und Nässe
Kasuare
sind nachts grundsätzlich und tagsüber bei Temperaturen unter 0°C im Stall zu
halten; stundenweise Auslauf ist auch bei Temperaturen unter 0°C möglich.
Zu 3.
Fütterung
Die
Futterration muss Obst, Gemüse und tierisches Eiweiß enthalten, sowie frisch,
sauber und unverdorben sein.
Zu 6.
Umgang mit Kasuaren
Kasuare
können sehr angriffslustig sein. Sie sind nur im Notfall und nur in einem
entsprechend ausgerüsteten Abteil im Stall einzufangen. Bei Reinigungsarbeiten
sind Kasuare abzusperren.
Zu 7.
Transport von Kasuaren
Kasuare
sind wie Emus zu transportieren. Es ist darauf zu achten, dass die Transportkiste
sehr stabil sein muss
III.
Schlußbemerkungen
Die
Beurteilungskriterien und Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvögeln
wurden auf der Grundlage des derzeitigen Wissensstandes erarbeitet. Viele
Fragen an eine tierschutzgerechte Haltung dieser Tiere in Mitteleuropa sind
jedoch noch offen.
Es wird
für eine Straußenhaltung außerhalb von Zoos dringend empfohlen, einen Nachweis
der fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verlangen und einen
Genehmigungsvorbehalt für die Haltung festzulegen. Für Straußenhaltung mit
Aufzucht sollte ein gesonderter Nachweis vorgeschrieben sein.
Die
Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvögeln werden unverzüglich
fortgeschrieben, wenn neue Erkenntnisse vorliegen.
Dr.
Renate van den Elzen
Deutsche Ornithologen-Gesellschaft e. V.
Dr.
Uta Hertkorn
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V.
unter Hinweis
auf die Erklärung der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V.
Dipl.
Biol. Barbara Müllers
Deutscher Naturschutzring e. V.
Deutscher
Tierschutzbund e. V.
unter Hinweis auf das Differenzprotokoll
Priv.
Doz. Dr. K.-L. Schuchmann
Gesellschaft für Tropenornithologie e.
V.
Bundesverband für fachgerechten Natur- und Artenschutz e. V.
Dr.
Ulrich Schürer
Verband Deutscher Zoodirektoren e. V.
Erklärung der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.
V.
Die
Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz macht ausdrücklich darauf aufmerksam,
dass sie unabhängig von der Zustimmung zu vorliegendem Gutachten ebenso wie die
Deutsche Tierärzteschaft ein Halten von Straußenvögeln in Mitteleuropa
außerhalb von Zoos ablehnt, da erhebliche Bedenken gegen eine nutztierartige und
hobbymäßige Straußenhaltung bisher nicht ausgeräumt werden konnten.
Differenzprotokoll
zu den "Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvögeln,
außer Kiwis"
Der
Deutsche Naturschutzring e. V. und der Deutsche Tierschutzbund e. V. geben
unabhängig von der sonstigen Zustimmung zu vorliegendem Gutachten folgende
Differenzen zu Protokoll:
1.
Grundsätzlich sprechen sich die o. g. gegen eine nutztierartige Haltung von
Straußenvögel aus.
2.
Davon abgesehen wird für alle gehaltenen Strauße eine Gehegegröße je Tier von
0,5 ha und eine Stallfläche je Tier von 25 bis 28 m2 gefordert.
Die
gesamte Haltungsfläche muss den Anforderungen eines Trockengeheges entsprechen.
Kann dies nicht gesichert werden oder führt nur eine Überdachung zu einem
trockenem Boden, muss die Straußenhaltung verboten werden.
3.
Im Hinblick auf die Beschränkung der Stallhaltung ohne Auslauf auf höchstens
drei Tage hintereinander und höchstens 10 Tage je Monat wird gefordert, in
Regionen, in denen dies erfahrungsgemäß nicht eingehalten werden kann, die
Straußenhaltung zu verbieten.
4.
Die elternlose Kükenaufzucht sei auf Einzelfälle zu beschränken (Zoos) und soll
ansonsten untersagt werden.
5. Eine
Federgewinnung wird abgelehnt.
6. Der
Import von Jungstraußen sowie älteren Straußen aus Staaten, für die eine
Quarantäne vorgeschrieben ist, wird abgelehnt.
1)
Altersangaben sind jeweils bis oder ab vollendetem Lebensmonat zu
verstehen.
2) ständige
Aufsicht ist gegeben, wenn tagsüber Tierpfleger in der Nähe der Gehege anwesend
sind, wie z. B. in Zoos.